Leseprobe

Auszug aus dem Artikel

»Von den Liburnen zur DDSG«

von Johann Szegő

Die 125 Liburnen (30 Meter lange, 6 Meter breite, mit Wurfmaschinen bestückte Schiffe) unter Kaiser Traian (reg. 98 – 117) waren nicht die ersten auf der Donau.
Schon die Griechen interessierten sich für den Fluss.

Dass die Donau so blau, so blau ist, ist allgemein bekannt – sie ist aber auch ein immens wichtiger Verkehrsweg. Sie verbindet zehn Staaten miteinander: Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine. Der internationalste Fluss der Welt! Die oben angegebene Anzahl änderte sich natürlich ständig – am einfachsten war es vor rund 2 000 Jahren: Die Römer beherrschten den gesamten Verlauf des Flusses. Das ist seither keiner Großmacht gelungen.

Von den 2 888 Kilometer des Flussverlaufes entfallen rund 350 auf Österreich. Bei Wien donnern jede Sekunde 5 260 Kubikmeter Wasser vorbei. Was aber viel wichtiger ist: die vorbeidonnernden Schiffe!

Den römischen Liburnen folgten die Schiffe im Mittelalter. Sogar Kaiser Karl der Große erkannte die Bedeutung der Donau und wollte sie durch einen Kanal mit dem Rhein verbinden. Die Bauarbeiten begannen, wurden aber im Jahre 793 eingestellt, Spuren der karolingischen Bautätigkeit sieht man heute noch in der Nähe von Treuchtlingen: die Fossa carolina.

Der Schifferberuf war recht riskant. Am liebsten wurden Nichtschwimmer angestellt, es bestand ja die Gefahr, dass die Schwimmkundigen im Falle eines Schiffsunglückes sich nicht der transportierten Ware widmen, sondern »ausschwimmen« (wie die Nichtschwimmer die Waren hätten retten sollen, darüber wurde nicht berichtet). Wurde aber so ein »Unglück« von den flussbenachbarten Raubrittern heraufbeschworen, gehörte das Strandgut nach mittelalterlichem Recht dem Gutsherrn. Oft sogar die Schiffsbesatzung – als Leibeigene. Also: kein Idealberuf!

Es war auch kein Idealberuf, die Schiffe flussaufwärts zu ziehen. Es gab zwar Ochsen und Pferde, die auf den »Treidelwegen« die Schiffe zogen, aber auf die Mitarbeit der Menschen verzichtete man erst im 19. Jahrhundert. Eine Entschließung Josephs II. sah diese Tätigkeit 1783 sogar als Strafe vor. Nach der Abschaffung der Todesstrafe (1787) bedrohte die Kriminalgerichtsordnung (1788) Mörder, Räuber und Brandstifter (nur Männer) mit dem »Schiffeziehen«. Die Strafe war in Ungarn abzuleisten. Wegen der Überfüllung der Wiener Gefängnisse ging immer der Frühjahr- oder Herbstschub mit 100 oder 150 Verurteilten ab. Zehn bis 15 von diesen gelang meistens die Flucht, 40 starben pro Quartal (ihre Halsringe, Ketten und Hemden wurde zwecks Weiterverwendung nach Wien zurückgeschickt). Die meisten starben nach zwei oder drei Jahren. Leopold II. erblickte in dieser Art der Bestrafung eine Ungerechtigkeit: Wegen der hohen Transportkosten nach Ungarn wurden westösterreichische Verbrecher niemals dieser Strafe zugeführt. Am 2. August 1790 schaffte Leopold diese verlangsamte Todesstrafe ab.

Während in den nächsten Jahren die Franzosenkriege die europäische Geschichte geprägt haben, ist es dem Amerikaner Robert Fulton 1807 gelungen, eine Wundermaschine zu erfinden, mit der man ohne menschliche oder tierische Kraft, nur mit Dampf, ein Schiff bewegen konnte. Sogar flussaufwärts!

Fultons Ideen inspirierten Anton (oder Antal) Bernhard aus der ungarischen Stadt Pécs (Fünfkirchen). Er steckte seine Erfindung ins Schiff »Carolina« und fuhr 1817 in der Nähe Wiens mit 3,5 Zentnern mit 2,5 m/sec die Donau hinauf. War das eine Sensation!

1823 wurde bereits eine Aktiengesellschaft gegründet, deren Prachtschiff, die »Franz I.«, von Fischamend zum Prater fuhr. Hier erfolgte das Wichtigste: das Bestaunen durch die Kaiserin, durch den Kronprinzen und durch einige Erzherzöge. Das frischbestaunte Schiff fuhr dann nach Pest (stromabwärts, das heißt »Nau« in der Fachsprache). Die Rückkehr nach Wien stromaufwärts (= Gegenzug) erfolgte in 84 Stunden 35 Minuten.

Leider sank nicht nur die Fahrtdauer, sondern auch der Wert der Aktien. Sie kosteten einst 1.000 Gulden – und stürzten auf 15! Die Gesellschaft wurde aufgelöst. Aber am 7. August 1829 gründeten einige risikofreudige Mitglieder des Herrscherhauses, Aristokraten und Großbürger eine neue Gesellschaft, nämlich die DDSG (Donaudampfschifffahrtsgesellschaft), deren Prachtdampfer wieder »Franz I.« hieß. Am 17. September 1830 fuhr »Franz  I.« (ohne Franz  I. an Bord) in 14 Stunden und 15 Minuten nach Pest. Und zurück? 48 Stunden 20 Minuten!

Damit begann eine ganz große Epoche der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. 1835 hatte die DDSG 17 724 Passagiere, 1839 wurde eine Traumgrenze erreicht: 100 000! Aber 1848 waren es über 1,5 Millionen, im Rekordjahr 1883 3,5 Millionen. Dazu brauchte man auch immerhin 188 Dampfschiffe! Die DDSG war die größte Binnenreederei der Welt. Man löste auch das »Greiner Problem«: Zwei bei Grein (Oberösterreich) in die Flussmitte ragende Felsen wurden gesprengt – dadurch wurde eine immense Gefahr gebannt, eine Naturschönheit musste jedoch weichen.

Aber etwas muss danebengegangen sein: 1892 begannen nämlich die staatlichen Subventionen. Nach dem Zerfall der Monarchie wurden etliche Schiffe an die Nachfolgestaaten abgegeben.

 

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