Leseprobe Ausgabe 1/16 »Kaiser Franz Joseph I.«

Auszug aus dem Artikel

»Kindheit und Jugend Kaisers Franz Joseph I.«

von Christa Bauer

Trotz aller Harmonie merkte Sophie bald, dass sie genau beobachtet wurde: Der ganze Hof wartete darauf, dass sich endlich die ersten Anzeichen einer Schwangerschaft zeigten. Da man davon ausging, dass Franz Karl Kaiser werden würde, musste Sophie einen Thronfolger gebären, was einen ungeheuren Druck auf sie ausübte.

Sophie wurde mehrmals schwanger, erlitt aber zwischen 1825 und 1829 drei Fehlgeburten. Der Wiener Hof schüttelte den Kopf: Jetzt hatte man endlich eine robuste und auf den ersten Blick kerngesunde Prinzessin, und dann konnte sie keine Kinder bekommen?

Die Ärzte schickten Sophie nach der zweiten Fehlgeburt zur Kur nach Bad Pyrawarth (heute Bad Pirawarth) im Weinviertel. Sophie blieb zwei Monate und kehrte erst im Oktober nach Wien zurück. Genützt hat es nichts, denn auch die nächste Schwangerschaft endete frühzeitig. In den folgenden Jahren kurte Sophie regelmäßig in Bad Ischl im Salzkammergut.

Ende 1829 war sie wieder schwanger und wurde in die Obhut des kaiserlichen Leibarztes Johann Baptist Malfatti (1775 – 1859) gegeben, der ihr strenge Bettruhe verordnete. Im Februar konnte Sophie die ersten Bewegungen ihres Kindes spüren, Ende März hat sie bereits sehr an Umfang zugelegt. Malfatti meinte, sie sähe aus, als ob sie schon im sechsten Monat wäre.

Natürlich kümmerte sich Sophie zeitgerecht um eine Kinderfrau. Sie entschied sich für Baronin Louise von Sturmfeder (1789 – 1866). Louise hatte sich bereits vor ihrer Bewerbung am Wiener Hof mit pädagogischen Schriften befasst und vertrat für die damalige Zeit sehr moderne Erziehungsmethoden.

Noch vor der Geburt erfuhr Sophies Ehrgeiz einen herben Rückschlag: Ferdinand, der in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen hatte, dass er durchaus den Aufgaben eines künftigen Kaisers gerecht werden kann, erhielt im September den Titel »König von Ungarn und Kronprinz der übrigen kaiserlich österreichischen Staaten«. Er wurde in Pressburg gekrönt und war somit offiziell der Nachfolger seines Vaters. Sophies Aussichten, Kaiserin von Österreich zu werden, waren dahin.

Die Familie hielt sich in Schönbrunn auf, als am Morgen des 16. August 1830 bei Sophie leichte Wehen einsetzten. Die Hebamme informierte Franz Karl, dass man noch am selben Abend mit der Geburt rechnen dürfe. Leider lag die Hebamme falsch, denn mehr als 24 Stunden später war das Kind noch immer nicht geboren. Sophie musste furchtbare Schmerzen aushalten, und ihr Zimmer war voll von Menschen: Jeder, der hoffähig war, konnte der Geburt beiwohnen. Damit die hohen Herrschaften die langen Stunden besser überstanden, servierte man Erfrischungen!

Eine leichte Geburt war es keineswegs, sie dauerte fast 48 Stunden, bevor vier Ärzte das Kind am Morgen des 18. August mit der Zange holten. Sophie konnte aufatmen: Sie hatte einen Sohn geboren! Franz Karl platzte fast vor Stolz, fuhr umgehend in die Stadt und informierte alle über das freudige Ereignis, das der Bevölkerung mit 101 Kanonenschüssen verkündet wurde.

Am 20. August fand die Taufe des kleinen Prinzen im Zeremoniensaal des Schlosses Schönbrunn statt. Taufpate war Kaiser Franz, der »durchlauchtigste Täufling« erhielt die Namen Franz Joseph Karl und wurde liebevoll »Franzi« gerufen.

Sophie stillte ihren kleinen Sohn selbst, was äußerst unschicklich für eine Angehörige des Kaiserhauses war. Auf Anordnung der Ärzte musste Sophie nach drei Wochen damit aufhören, der Säugling wurde einer Amme übergeben.

Ständig kamen Leute, um das Baby zu begutachten: Bereits kurz nach sechs Uhr morgens erschien Franz Karl, danach die vier Ärzte, die bei der Geburt dabei waren, um neun Uhr der Kaiser und die Kaiserin. Rund um die Uhr scharten sich Familienmitglieder und Angehörige des Hofstaates um das Kind. Die Hofdamen überschlugen sich vor Begeisterung, sie beteten den Kleinen förmlich an und nannten ihn »Gottheitel« – was Sophie rasch abstellte, das war nun doch zu viel. Oft kamen sogar noch in der Nacht Besucher. Der kleine Franzi war natürlich das interessanteste Familienmitglied, also drang die liebe Verwandtschaft ungeniert in seine Räume ein, wann immer sie es wünschte.

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Leseprobe aus der Ausgabe 2/16.

Leseprobe aus der Ausgabe 3/16.

Titelseite der ersten Ausgabe mit Kaiser Franz Joseph I.
Inhaltsverzeichnis der ersten Ausgabe

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